Telegehirn

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Es war eine schöne Zeit mit dir, Nicky

Am 6. Dezember 2007 fand ich Nicky auf einem Friedhof in Neukölln. Zerzaust, hungrig, mit anderen Katzen ums Futter kämpfend fiel sie mir auf. Sie war sehr zutraulich, was sicherlich auch durch ihren großen Hunger bedingt war. Also ab mit ihr zur nächsten Tierärztin, um zu schauen, ob sie einen Chip implantiert hat. Das war nicht der Fall, also nahmen wir sie erst einmal zu uns, obwohl wir schon zwei Katzen hatten. Da sie Flöhe hatte, musste sie erst einmal 24 Stunden, getrennt von den anderen Katzen, im Bad verbringen. Ein Name für sie war schnell gefunden, denn wir hatten sie am Nikolaustag gefunden: Nicky.

Wir bastelten ein provisorisches Katzenklo, ein Bettchen aus Handtüchern, stellten Wasser und Futter hin, was sie schnell und reichlich verputzte. Die ersten 12 Stunden freute sie sich jedes Mal, wenn jemand ins Bad kam und war sichtlich froh, nun im Warmen und Trockenen zu sein, aber mit der Zeit wollte sie endlich den Rest der Wohnung erkunden und die beiden anderen Katzen in Augenschein nehmen, die sich kurz aus der Box heraus gesehen hatte. Eigentlich wollten wir sie nicht behalten, bzw. nach den Leuten suchen, bei denen, so vermutete die Tierärztin, vom Balkon gefallen war. Ich schlug vor, dass wir Zettel aufhängen, aber gleichzeitig gewöhnten wir uns schnell an diese süße Katze, deren Leben offensichtlich bisher kaum katzenmäßig verlaufen war, denn sie konnte weder anständig klettern, noch balancieren. So hängten wir am Ende einen einzigen Zettel auf und beschlossen sie zu behalten.

Nicky am 20.10.2019

Mit den beiden anderen Katzen war das Verhältnis ambivalent. Mit dem Kater verstand sich sich super, aber die andere Katze zeigte der Nicky eifersüchtig die kalte Schulter. Auffällig war, dass die Nicky eine wahre Kampfkatze war. Mit quasi eiserne Pfote war sie bereit um den Rang im Rudel zu kämpfen, aber gleichzeitig sprang sie dazwischen, wenn die beiden anderen Katzen sich fetzten, um der Katze schützend bei Seite zu stehen. Nicky verhielt sich oft wie ein typischer Kater. Sie war sehr territorial, schritt mehrmals am Tag das Revier ab, musterte jeden Besuch und behielt diesen im Auge. Einmal besuchte sie den Nachbarn, der selbst zwei Katzen und einen Kater besaß. Sie stolzierte dort umher, vertrieb die beiden Katzen mit Blicken in das Oberschoß des Kratzbaums, fraß die Schüssel leer, beehrte das Katzenklo und wies den Kater mittels Fauchen zurecht.

Schnell fand ich heraus, dass sie es mochte, wenn man putzte. Vor allem, wenn der Boden feucht gewischt wurde, rannte sie mit Freude über den nassen Boden. Besonders mochte sie es, wenn dabei klassische Musik lief. Eine kulinarische Vorliebe hatte sie für Erdbeerjoghurt und Käse aller Art. Es gab nicht eine Käsesorte, die sie nicht mochte und sie war mit einem kleinen Stück zufrieden. Sie lies sich nicht gerne anfassen oder streicheln, aber mit den Jahren wurde sie allgemein zutraulicher. Ging es zum Tierarzt, musste das Personal dort stets die Handschuhe anziehen, um von der Nicky nicht zerfetzt zu werden. Wenn ich sie festhielt, war sie durchaus ruhig und lies fast alles über sich ergehen. Obwohl es ihr gestern sehr schlecht ging, war das Röntgen nicht einfach und als sie zurück kam, blickte sie extrem erbost und empört drein. Nicky war schon durchaus sehr auf mich fixiert. Sie schlief stets bei mir im Zimmer, auch an ungewöhnlichen und stets wechselnden Orten. Typisch Katze, stieg sie nachts auf den Tisch, um zu schauen, was da zu holen ist, obwohl sie eigentlich nie was stahl. Sie war dann ganz erstaunt, wenn man ihren Namen rief und fragte, was da los sei.

Eine ihrer Marotten war das Fressen von Alufolie, weswegen wir penibel darauf achteten, dass keine Alufolie in ihrer Reichweite war. Bis gestern zeigte sie keine Anzeichen dafür, dass sie krank war. Deshalb kam die Diagnose mit so einer Schockwirkung. Gestern war sie dann plötzlich sehr kurzatmig und apathisch. Das Röntgen machte dann deutlich, dass der Krebs den Darm massiv geschädigt hatte und das Zwerchfell inzwischen arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, weswegen ihr das Atmen so schwer fiel. Zu Hause versuchte sie sich hinzulegen, um zu schlafen, aber jedes Mal, wenn sie den Kopf hinlegte, war zu sehen, wie ihr das atmen noch schwerer fiel. Sie bekam gestern noch einmal Leber und Hühnerbrust, sowie ihr Lieblingsfutter. Nachdem sie Wasser trank, musste sie erbrechen und sie fand die ganze Nacht keine wirklich Ruhe. Sie bekam am Morgen noch einmal ihr Lieblingsfutter und aß davon etwas und verkroch sich dann in einer Ecke hinter einem Sessel.

Die Tierärztin meinte am Freitag, dass wir uns überlegen müssten, die Nicky von ihrem Elend zu erlösen, da Katzen zäh seien und langsam sterben würden. Es könnte sein, dass sie einfach elendig erstickt. Die Tierärztin hatte heute bis 12 Uhr offen und eigentlich war schon gestern Abend klar, dass sie sich nur noch quält und als ich heute früh die Nicky so elend in der Ecke hockend sah, wusste ich, dass man nicht noch bis Montag warten kann. So sehr es auch schmerzte und jetzt noch schmerzt und auch noch sehr lange weh tun wird: Wir konnten es nicht ertragen sie leiden zu sehen. Das alles kam so plötzlich und unerwartet. Nicky hinterlässt eine Lücke, die kaum zu schließen ist. Es war eine schöne Zeit mit dir, Nicky.

Die beiden Behandlungen bei der Tierärztin haben zusammen 140 Euro gekostet. Für uns ist das ein recht großer Betrag, den wir nicht so locker stemmen können. Wer von euch etwas Geld übrig hat, darf hier gerne etwas spenden. Dafür schon einmal Danke im voraus. ❤ Wenn ihr kein PayPal nutzt, könnt ihr mir gerne eine Mail (telegehirn(at)gmail.com) schicken, um eine Bankverbindung zu erfahren.


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Keta im Knie

Als Kind wurde ich regelmäßig von Mandelentzündungen heimgesucht. Unser Hausarzt empfahl, dass sie entfernt werden sollen, aber meine ostentativ vorgetragene Abneigung gegen einen Krankenhausaufenthalt trug wohl zur Verhinderung dieses Eingriffs bei. Mich konnte auch nicht die Aussicht auf eine Eis Flatrate dazu verleiten. Als Erwachsener wurde ich dann weitgehend von einer Mandelentzündung verschont. Bis auf 2009, als ich innerhalb eines Monats zweimal Opfer einer Tonsillitis wurde. Diese Jahr wurde ich zwischen Ende Juni und Mitte September dreimal von einer einer solchen Entzündung niedergestreckt. Stets nahm ich diszipliniert das mir verschriebene Penicillin bis zum Ende ein. Ich schob das erneute Auftreten dieser lästigen Krankheit stets darauf, dass ich vorher kräftig feiern war. Am 10. September suchte ich wieder meinen Arzt auf, bekam das gewohnte Penicillin verschrieben und es schien mir besser zu gehen. Dann kam der 13. September, ein Tag der alles verändern sollte.

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Parlamentarische Reaktionen auf die Räumung der Borni. Ein Trauerspiel in rot und grün.

Am Pfingstwochenende wurde ein seit Jahren leerstehendes Haus in Neukölln, das sich im Besitz der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land befindet, besetzt und am gleichen Tage wieder auf brutale Weise von den Cops geräumt. Verlauf und Hintergründe lassen sich hier nachlesen. Interessant sind die Reaktionen aus den Reihen der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin. Im Folgenden werden die Online-Reaktionen der Abgeordneten der Parteien „die Linke“ und von den Grünen beleuchtet. Hauptsächlich wurden die Twitteraccounts herangezogen und wenn möglich und verfügbar, auch die Facebookprofile.

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Tote Nazis morden nicht!

Sarah Rambatz, Bundessprecherin der Linksjugend solid und Listenkandidatin für die Bundestagswahl der Partei die Linke in Hamburg, hat sich einen bräunlichen Shitstorm 1. Kategorie eingefangen, weil sie in einer Facebook-Gruppe fragte:

antideutsche Filmempfehlungen? & grundsätzlich alles, wo Deutsche sterben.

Rambatz wurde daraufhin, wie es sich laut Medienberichten darstellt, von einem Otto beim Bundesverband ihrer Partei denunziert. Dieser reagierte sofort. Allerdings nicht solidarisch, wie man es erwarten würde, was aber nicht wirklich überraschend daher kommt, denn die Partei die Linke steht wenig bis gar nicht kritisch zu Deutschland, im historischen, wie im aktuellen Bezugsrahmen. Eine Partei, die eine zu rassistischen und nationalistischen Äußerungen neigende Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl aufstellt, um damit bewusst oder unbewusst am rechten Rand nach Stimmen zu fischen, kann nur ein Haufen ohne jegliche Ähre sein.

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Jeder Wähler ist ein Tröpfchen von dem Öl, das die große Staatsmaschine schmiert.

2017 ist wieder ein Wahljahr auf Bundesebene und wie zu jeder Wahl, erwacht das Bashing der Nichtwählenden, wie der Werwolf sich zum Vollmond erhebt. Schuld seien sie am Elend der politischen Landschaft, ja auch verantwortlich für das Regenwetter und fallende Börsenkurse. Wer nicht wählt, der würde den Rechten, in diesem Jahr der afd, damit einen Vasallendienst erweisen. Lassen wir einmal die eher politischen Gründen beiseite, die zu einer bewussten Wahlenthaltung, ob durch Nichtteilnahme oder ungültig wählen, führen, weitgehend außer Acht. Erich Mühsam hat dazu mit Humbug der Wahlen und mit der Naturgeschichte des Wählers ausreichenden Lesestoff für die Interessierten verfasst. Überzeugte Fans von Staat, Parlament und Kapital lassen sich davon eher selten überzeugen, denn sie sind in ihrem ideologischen Prokrustesbett gefangen und ihre Befreiung können sie nur selbst leisten.

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Wo das Auge mitisst, da verhungert der Verstand. 

In der linksradikalen Szene, die es so als monolithischen Block nicht gibt, denn sie kann immer nur die Summe aller Teilnehmenden sein, zählt Verwertbarkeit und Nützlichkeit von Menschen nicht weniger als im Rest der Gesellschaft. Überraschen sollte das nicht, aber es sollte wenigstens beschämen.

Sich als Linksradikale im staatlich verfassten Kapitalismus von eben diesem freizumachen, ist faktisch unmöglich. Nur weil man vegan lebt, sich ausschließlich Biofressen leisten kann und keine imperialistische Coca-Cola trinkt etc., bedeutet das noch lange nicht, dass man sich über den Rest der Gesellschaft erhebt, auch wenn man sich so fühlt. Größte Anstrengungen werden darauf verwendet nur nicht zu diskriminieren und stets die korrekten Formulierungen und adäquaten Schreibweisen zu verwenden. Wenn Menschen schon ausgeschlossen werden, dann sollen sie sich wenigstens nicht Scheisse fühlen und oberflächlich nett behandelt werden. Das Konzept des Klassismus ist da ein solch abschreckendes Beispiel. Seid wenigstens nett zu den Armen, wenn ihr schon nichts gegen Klassenunterschiede unternehmen wollt oder könnt.

Das Konzept des Lookismus ist ein weiteres Beispiel gelebter Heuchelei und hohler Phrasendrescherei ohne wirkliche Konsequenzen für das eigene Verhalten. In Teilen der linksradikalen Szene, insbesondere unter den Jüngeren, hat sich in den letzten Jahre ein Körper- und Schönheitskult entwickelt, der durchaus Parallelen zum faschistischen Kult um Körperlichkeit entwickelt hat.

Hier werden jene Körper- und Schönheitsideale der Mehrheitsgesellschaft nicht nur gedankenlos reproduziert, sondern noch ins Extreme gesteigert. Unreflektiert und begierig werden jene Normen, die von einschlägigen Medien und der boomenden Beautyindustrie ausgespuckt werden, übernommen und gelebt.

Häufig äußert sich dies in ostentativ on- und offline vorgetragenen Statements, wie „hot“, „sexy“ und „gutaussehend“ diese oder jene Person sei. Unter Selfies werden mehr oder weniger eindeutige sexuelle Avancen in Kommentaren gepostet, wobei alle Personen dem gesellschaftlich vorgegebenen Schönheitsideal entsprechen. Jung, schlank, am besten gestählt durch Besuche im Fitnessstudio und im Yogakurs. Wie fragil muss die Selbstwahrnehmung sein, um sich ständig gegenseitig über Oberflächlichkeiten zu versichern, wie attraktiv und sexy man sei? 

Dieser gnadenlose Konkurrenzkampf, in dem es um ausschließlich um sexuelle Verwertbarkeit und optische Nützlichkeit geht, der jene Konkurrenz im Kapitalismus um Essen, Geld, Wohnraum etc. locker in den Schatten stellt, beinhaltet selbstverständlich einen massiven Ausschluss von allen, die nicht den aufgesaugten Idealen entsprechen.

Es wird nicht einmal versucht aus einer „Ich finde … weil“ Perspektive zu formulieren und argumentieren, sondern es werden faktische Wahrheiten postuliert. Solange man dazu gehört und von den ausschließenden Verhältnissen profitiert, fehlt jegliche Wahrnehmung, dass das eigene Verhalten problematisch sein könnte. Sich zu fragen wie die eigenen Präferenzen für Körper- und Schönheitsideale entstanden sind und wie diese laufend befeuert und am Leben erhalten werden, ist wohl selbst für Menschen, die sich als Linksradikale den Prinzipien von Aufklärung und Emanzipation verpflichtet fühlen sollten, zu viel verlangt. 

Nun reite ich hier eine anklagende Attacke vom hohen Roß der Moral. Ich selbst war und bin auch heute nicht immer frei von solchen Gedanken und Verhaltensweisen, aber ich merkte schnell, dass mich diese Oberflächlichkeit nicht weiterbringt und meine Bedürfnisse befriedigt. Was für mich Menschen schön oder hässlich macht, sind Dinge, die diese sagen oder machen. Oder eben nicht sagen oder machen. 

Wie in der Einleitung erwähnt, ist es faktisch eine Unmöglichkeit sich von der kapitalistischen Verwertungslogik freizumachen, solange der Kapitalismus besteht und seine alles erfassende Wirkmächtigkeit entfalten kann. Jedoch wäre es möglich sich der Verwertung der Körperlichkeit und hingeworfenen Schönheitsideale zu entziehen, wenn der Wille zur Reflektion vorhanden wäre und daraus eine Bereitschaft zur Veränderung der Verhaltensweisen entstünde. Das ist aber überhaupt nicht in Sicht. So streben viele, die sich als Linksradikale betrachten, weiterhin einem Ideal des fitten und als attraktiv wahrgenommen Volkskörpers zu. 

Von diesem Konzept wird nun einmal profitiert und wer ist schon bereit auf Profit zu verzichten? 


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Zwangsräumung: Landen Andrej Holm und Tom im Kofferraum von r2g?

Seit der Bekanntgabe, dass der Stadtsoziologe Andrej Holm als Staatssekretär für Wohnen in den rot-rot-grünen Senat eintritt, tobt eine von erzrechten Hetzern vorangetriebene Kampagne gegen ihn. Dabei geht es nur vordergründig um eine reine Personalfrage. Die fachliche Eignung von Andrej Holm kann niemand bestreiten. Er ist zur Symbolfigur für die von r2g, aber vor allem von der Partei die Linke, versprochene wohnungs- und stadtpolitische Wende geworden. Weiterlesen


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Legal, illegal, „asozial“

Als „asozial“ diffamierte Menschen sind bis heute eine Opfergruppe des deutschen Nationalsozialismus, die weder eine Anerkennung, noch irgendeine Form der Entschädigung erfahren hat. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges setzte sich die Diskriminierung sowohl im Westen, wie auch im Osten fort und hält bis heute an. Auch waren die Nationalsozialisten keineswegs die Erfinder einer Kampagne gegen Menschen, die sich, zum Zwecke der Verwertbarkeit, nicht in die Volksgemeinschaft einfügen konnten oder wollten. Schon zu Zeiten des Kaiserreiches und der Weimarer Republik gab es eine, wenn auch nicht tödliche, Diskriminierung. Weiterlesen


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Dr. Bodolove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Cake

Ein Gastbeitrag [1] zu dem tortenpolitischen Zwischenfall während des Bundesparteitages von der Partei Die Linke in Magdeburg.

Es hätte so schön werden können. Der Bundesparteitag der LINKEN in Magdeburg sollte dem geneigten Beobachter*, vor dem Bild der verlorenen Landtagswahlen im Frühjahr, das Bild einer geschlossenen, wenn nicht sogar kämpferischen Partei nahelegen. Kämpferisch wurde es dann gleich zu Beginn der Sitzung als die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Sarah Wagenknecht, vor laufender Kamera eine Torte ins Gesicht gedrückt bekam. Was danach folgte war nicht nur ein Paradebeispiel für politischen Korpsgeist, sondern auch für eine militärische Rhetorik die eine emanzipatorische und sozialistische Partei eigentlich schon längst unter den Überresten des Eisernen Vorhangs hätte gekehrt haben müssen.

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Beeing Felix Herzog and beeing AntifaInfoSWB

Twitter sah in der letzten Woche den größten Beef seit Ende des 2. Tweltkrieges, als die sonnigen Trolle der ewigen Gerechtigkeit ihren Kreuzzug ins Nichts elendig verloren. Am Montag, dem schlimmsten aller denkbaren Wochentage, erreichte ein schon länger lodernder Konflikt im virtuellen Sandkasten einen unerwarteten Tiefpunkt. Es ging um nichts weniger, als um eine überlebenswichtige Frage: Wer darf wem folgen und welche harten Sanktionen sollten gegen jene verhängt werden, die nicht der maßgeblichen Blockdoktrin der JungjakobinerInnen folgen? Die ganze traurige Geschichte ist extrem komplex, verwinkelt sich in nicht enden wollenden Nebendiskussion, bis hin zu der Frage, ob über Ausmalbücher gelacht werden darf und ob sie zu einem kostenlosen Fahrschein in die Erdbeerminen führen können. Wie sehr leicht zu erkennen ist, werden auf Twitter durchaus die ganz wichtigen Themen „diskutiert“ und zu einer Frage von Leben und Tod hochgejazzt.

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Offener Brief an die junge union Neukölln

Ihr habt gestern einen offenen Brief an das „Kommando Klaus Jürgen (sic!) Rattay“ veröffentlicht. Beim Lesen eures Machwerkes dachte ich zuerst, dass euch beim Cabriofahren die Winterluft die wohlfrisierten Köpfe eingefroren hätte, aber ihr habt das verdammt ernst gemeint. Ihr phantasiert von Straßenterror und fragt besorgt, wer denn entscheidet, wer wo wohnen darf. Dabei ist es für euch ein faktisch religiöses Bekenntnis, dass darüber nur der Geldbeutel entscheiden darf. Wer es sich nicht leisten kann, soll einfach wegziehen. Das erachtet ihr polohemdentragenden Sozialdarwinisten als die natürliche Ordnung schlechthin.

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Vom piratischen Regen in die staatssozialistische Traufe kommen

Die revolutionären Arbeiter haben sich zu entscheiden, ob sie ihren Klassenkampf von ausgesonderten Delegierten auf dem Parkett des Parlaments in Kompromissen mit der Bourgeoisie führen lassen wollen, oder ob es ihnen mit dem Bekenntnis ernst ist, daß die Befreiung der Arbeiterklasse das Werk der Arbeiter selbst sein muß.

Erich Mühsam, Fanal, Anarchistische Monatszeitschrift“, Jg. 2, Nr. 7, April 1928

In der letzten Woche erklärten 36 (Ex-)Piraten medienwirksam ihren Übertritt in die Partei „die Linke“. Nach jahrelangen Flügelkämpfen, inklusive Bedrohungen, Mobbing und dergleichen seitens der „liberalen Rechtsstaatspiraten“ gegen linke Piraten, kindischen Streitereien, ob eine Fahne der „Antifaschistischen Aktion“ auf dem Parteitagsfockmast hängen darf oder nicht, haben sich nun die letzten Reste der Backbordpiraten in die Rettungsboote begeben, wenn sie nicht schon früher mehr oder weniger freiwillig von Bord springen mussten, und haben das Flaggschiff des Staatssozialismus in Deutschland bestiegen.

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Tom Schreiber schweigt

Tom Schreiber, der für die spd im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, ist sich sonst für kein noch so unqualifiziertes Statement im letzten Blättchen des Rinnsteinblätterwaldes zu Schade. Seine Lieblingsthemen sind „arabische Clans“ und „Linksextremismus„. Dabei lässt der politische Fruchtzwerg oft keine Peinlichkeit aus. Hauptsache sein Statement landet in den Medien. Da lag es sehr nahe, sich doch einmal näher mit seinen politischen Ergüssen zu befassen und zu schauen, wieviel Substanz seine Forderungen haben. Deshalb stellte ich einen kleinen Fragekatalog für Tom Schreiber zusammen und hatte die leise Hoffung, dass er antworten würde. Wo er doch so gerne zu allen möglichen Themen Stellung nimmt.

Dabei habe ich mich auf einige wenige Punkte beschränkt, da sonst jeder Rahmen gesprengt werden würde. Nicht angesprochen habe ich zum Beispiel seine unbewiesene Behauptung, dass „Akteure der linksautonomen Szene“ in den Drogenhandel im Görlitzer Park verwickelt sein sollen. Ebenfalls keinen Eingang hat ein Vorfall gefunden, der sich am 1. Mai während der 18 Uhr Demo abgespielt hatte. Nach eigener Aussage hatte Tom Schreiber dort „einen Autonomen“ weggezogen. Er fühlt sich ermächtigt das Recht in die eigene Hand zu nehmen und einzuschreiten. Eine etwas merkwürdige Verhaltensweise für einen, der immer auf das Gewaltmonopol des Staates pocht. Vielleicht meinte er auch immer nur das Gewaltmonokel und wurde stets falsch zitiert.

Ehrlich gesagt habe ich nicht wirklich mit einer Antwort von Tom Schreiber gerechnet. Jemand, der so populistisch und realitätsvergessen auftritt, scheut nun einmal ein Hinterfragen und steht schnell ohne Hosen da, wenn er Fakten zur Untermauerung von rausposaunten Halb- und Viertelwahrheiten liefern soll. Aber keine Sorge: Es bieten sich online und offline ausreichend andere Möglichkeiten, um Tom Schreiber die unten stehenden Fragen erneut zu stellen. Wer noch nicht von ihm bei Twitter geblockt wurde, darf dort gerne Fragen an ihn stellen. Tom Schreiber besitzt, wie die meisten PolitikerInnen, ein Profil bei Abgeordnetenwatch. Allerdings kann es schon einmal 17 Monate dauern bis Tom Schreiber eine Frage beantwortet. Nichtsdestotrotz werde ich auf dieser Plattform einige der hier gestellten Fragen erneut stellen. Könnt ihr auch gerne machen, wenn ihr wollt. Es wäre durchaus drollig, wenn Tom Schreiber im Wahljahr den Rekord für nicht beantwortete Fragen aufstellen würde.

Desweiteren behauptet Tom Schreiber, dass er bei sogenannten „Bürgersprechstunden“ den Menschen Rede und Antwort stehen würde. Sicherlich lohnt sich bei dem einen oder anderen Termin ein persönlicher Besuch. Die folgenden Fragen habe ich Tom Schreiber gestellt und innerhalb einer angemessenen Frist leider keine Antwort erhalten. Deshalb gibt es auch keinen Artikel über Tom Schreiber, stattdessen bekommt ihr wenigstens die Fragen zu lesen und könnt eigene Schlussfolgerungen ziehen.

Juten Tach, Herr Schreiber!

Angesichts der aktuellen Berichterstattung in diversen Medien über ihre Person, schreibe ich einen Artikel zu den angeblichen Bedrohungen und ihren allgemeinen politischen Positionen, sowie ihren sonstigen Taten. Bei meiner Recherche haben sich für mich einige Unklarheiten ergeben und hiermit möchte ich ihnen die Gelegenheit bieten, sich selbst zu diesen Unklarheiten zu äußern und es wäre mir eine große Freude, wenn Sie die folgenden Fragen wahrheitsgemäß beantworten würden.

1. In einem Interview mit der „bild-Zeitung“, online erschienen am 7.10.2015, fordern Sie unter der Headline „Nehmt den Clans die Kinder weg“ folgendes: „Wir müssen die Staatsanwaltschaft so aufstellen, dass sie in der Lage ist, eine Inobhutnahme rechtlich unangreifbar durchzusetzen.“

Da Inobhutnahme eine Maßnahme nach § 42 SGB VIII ist und eine so genannte andere Aufgabe der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII darstellt, ist die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht zuständig, sondern das Jugendamt entscheidet alleine, ob eine solche Maßnahme durchgeführt wird. Wird eine solche Maßnahme durchgeführt, dann müssen die Personensorgeberechtigten vom Jugendamt informiert werden und widersprechen diese, so muss das Kind herausgegeben werden oder, wenn eine Gefährdung des Kindswohl vermutet wird, ein Familiengericht über diese Maßnahme entscheiden.

Meine Fragen dazu:

1a) In welchem rechtlichen Rahmen soll in solchen Fällen die Staatsanwaltschaft tätig werden?

1b ) Sollen dem Jugendamt und den Familiengerichten Kompetenzen entzogen werden?

1c) Welche Gesetze müssten dazu geändert werden?

1d) Welche gesetzgeberischen Maßnahmen haben Sie dahingehend bisher auf den Weg gebracht?

1e) Sollen generell alle Kinder von rechtskräftig verurteilten StraftäterInnen in Obhut genommen werden bzw. bei welchen Straftaten soll die Maßnahme ihrer Ansicht nach ergriffen werden?

1f) Wie hoch schätzen Sie den zusätzlichen Personalbedarf bei Jugendämtern und Familiengerichten bzw. der Staatsanwaltschaft, die eine Umsetzung ihrer Forderung nach sich ziehen würde?

1g) Haben Sie seit dem Interview Kontakt zu FachpolitikerInnen auf Bundesebene aufgenommen und diesen ihre Forderungen vorgetragen? Denn nur auf der Bundesebene lassen sich gesetzliche Änderungen des SGB VIII durchsetzen. Welche Antworten haben Sie von FachpolitikerInnen auf Bundesebene erhalten?

2. In einem Artikel der „bz berlin“ vom 9. August 2015, wird eine Forderung von ihnen folgendermaßen wiedergegeben.

„Er schlägt vor, junge Polizeibeamte mit einem „szenetypischen Aussehen“ als verdeckte Ermittler einzusetzen. Diese sollen mehrere Monate in Haftanstalten verbringen, das Vertrauen von Gangsterbossen gewinnen und so die Hierarchien der Verbrecherwelt ausleuchten.“

Meine Fragen dazu:

2a) Was meinen Sie konkret mit „szenetypischen Aussehen“? Wie muss ich mir das vorstellen?

2b) In welcher Art und Weise sollen junge Polizeibeamte auf diesen verdeckten Einsatz vorbereitet werden?

2c) Sollen diese Polizeibeamten eine erhöhte Vergütung für ihren Einsatz erhalten? Wenn ja, in welcher Höhe?

2d) Ist ihnen bekannt, dass u.a. der Bundesgerichtshof im Jahre 2007 den Einsatz verdeckter Ermittler in Gefängnissen stark eingeschränkt hatte? In früheren Entscheidungen verbot der BGH ausdrücklich, dass ein verdeckter Ermittler gezielt in die Zelle eines Insassen eingeschleust werden darf, um ihn auszuhorchen. Der 3. Strafsenat berief sich dabei auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

2e) Bezug nehmend auf die in der Frage 2d) dargestellte Rechtslage frage ich Sie, wie ihre Forderung in einem gesetzgeberischen Verfahren umgesetzt werden kann? Wollen Sie die europäische Menschenrechtskonvention und das Grundgesetz dahingend ändern lassen, um ihre oben erhobene Forderung nach verdeckten Ermittlern in Gefängnissen, so wie Sie es sich vorstellen, zu ermöglichen?

2f) Welche Teile der europäischen Menschenrechtskonvention und des Grundgesetzes müssten geändert werden, um ihre Forderung nach verdeckten Ermittlern in Gefängnissen umzusetzen?

2g) Haben Sie seit dem oben erwähnten Gespräch mit der „bz berlin“ Kontakt mit zuständigen FachpolitikerInnen auf der europäischen Ebene bzw. der Bundesebene aufgenommen, um die notwendigen gesetzlichen Änderungen des Grundgesetzes und der europäischen Menschenrechtskonvention auf den Weg zu bringen? Welche Antworten haben Sie von FachpolitikerInnen auf Bundes- und Europaebene erhalten?

2h) Hat Sie zu dieser Forderung ein Spielfilm oder eine Fernsehserie inspiriert und wenn ja, welche waren das?

3. Am 25.11.2015 veröffentlichten Sie, anlässlich der Besetzung der seit Jahren leerstehenden „Alte Post“ in Neukölln, eine Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

„Ich finde, dass die #Linksautonomen #Spinner den #Polizeieinsatz (Besetzung) in Neukölln bezahlen sollten. Sonst einfach Ersatzhaft. Oder?“

Dazu meine Fragen:

3a) Was verstehen Sie unter dem Begriff „Linksautonome“?

3b) Ist ihnen bekannt, dass es historisch und politisch betrachtet keine sog. „Linksautonomen“ gibt, sondern nur Autonome?

3c) Woher haben Sie die Information, dass es sich bei den Besetzenden um sog. Autonome gehandelt haben soll?

3d) Warum beleidigen Sie Menschen als Spinner, die auf einen sozialen Missstand, wie den jahrelangen Leerstand einer Immobilie aufmerksam machen?

3e) Auf welcher Rechtsgrundlage sollen die BesetzerInnen für die Kosten des Polizeieinsatzes herangezogen werden?

3f) Welche Kosten sind ihres Wissens entstanden und haben Sie dazu eine klitzekleine Anfrage im Abgeordentenhaus gestellt?

3g) Auf welcher Rechtsgrundlage soll, wenn es möglich wäre, den Besetzenden die Kosten des Polizeieinsatzes aufzuerlegen, Ersatzhaft verhängt werden?

3h) In Bezug auf Frage 3g): Da eine solche Kostenerstattung einen zivilrechtlichen Anspruch darstellen würde, welche Gesetze müssten dahingehend geändert werden, um aus einem zivilrechtlichen Anspruch eine Ersatzhaft zu begründen?

3i) Ist ihnen bekannt, dass eine Ersatzhaft nur bei Nichtbezahlung einer Geldbuße bzw. Geldstrafe möglich wäre?

3j) Ihr Tweet wurde von einem Account des LV Berlin der afd retweetet. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie von ganz rechtsaussen Zustimmung zu ihren Äußerungen erhalten?

3k) Haben Sie seit ihrem Tweet vom 25.11.2015 Kontakt zu zuständigen FachpolitikerInnen im Land Berlin und im Bund aufgenommen, um entsprechende Gesetzesänderungen möglich zu machen, damit ihre Forderung rechtlich umgesetzt werden kann? Welche Antworten haben Sie von den FachpolitikerInnen auf Landes- und Bundesebene erhalten?

 

4. Am 4. und am 5. Januar verwendeten Sie in einer Twitterdiskussion gegenüber einer Frau das Wort „Mausi“.

Dazu meine Fragen:

4a) Warum verwenden Sie gegenüber einer Frau eine Bezeichnung, die im 21. Jahrhundert von den allermeisten Menschen als abwertend, frauenfeindlich und sexistisch betrachtet wird?

4b) Sind Sie schon öfter darauf hingewiesen worden, dass ihre Äußerungen als frauenfeindlich und sexistisch wahrgenommen werden? Wie haben Sie darauf reagiert?

 

5. Am 28 November fragten Sie in einem Tweet: Gehen „Linksextremisten einer geregelten Arbeit nach? Oder wer trägt die Kosten für Ihre Straftaten?“

Dazu meine Fragen:

5a) Nach Kriegsdienst und abgebrochener Lehre hatten Sie ein Studium begonnen und immerhin stolze 13 Jahre studiert. 2006 wurden Sie dann ins Abgeordnetenhaus gewählt. Wann sind Sie denn jemals einer „geregelten Arbeit“ nachgegangen?

5b) Warum fragt jemand wie Sie, der in seinem Leben offensichtlich niemals einer „geregelten Arbeit“ nachgegangen ist, ob „Linksextremisten“ einer solchen nachgehen? Finden Sie das nicht etwas heuchlerisch? Wenn nein, warum nicht?

5c) 13 Jahre Studium sind eine stolze „Leistung“. Was erwidern Sie, wenn man Sie als Bummelstudenten bezeichnen würde?

 

6. Sie haben im Jahre 2015 gegen einen Mitarbeiter eines Mitglieds des Abgeordnetenhauses einen Strafantrag wegen Bedrohung gestellt. Der Grund war nach meinen Informationen dieser Tweet des Mitarbeiters bzw. das dort verlinkte GIF.

Dazu meine Fragen:

6a) Halten Sie Strafanträge für ein zulässiges Mittel der politischen Auseinandersetzung?

6b) Ihr Strafantrag wurde nach § 170 Abs. 2 STPO eingestellt. Die Einstellung gilt in juristischen Fachkreisen als Einstellung 1. Klasse. Warum haben Sie nach der Einstellung das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt, um eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu veranlassen und als das keinen Erfolg zeigte, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gestellt?

6c) Trifft es zu, dass Sie nach alldem dem Landesamt für Verfassungsschutz Berlin eine Meldung zu dem Fall bzw. der Person, gegen die Sie den oben erwähnten Strafantrag stellten, übermittelt haben?

6d) Welchen Inhalt hatte diese Meldung?

6e) Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass man ein solches Verhalten als Denunziation bezeichnen könnte?

6f) Haben Sie sich schon bei der betroffenen Person entschuldigt und angeboten die entstandenen Kosten für Akteneinsicht etc. zu erstatten? Wenn nein, warum nicht?

 

7. Am 10.9.2014 veröffentlichte die Berliner Zeitung diesen Artikel zu den Vorwürfen gegen ihren Abgeordnetenkollegen Oliver Höfinghoff und der daraus resultieren Aufhebung seiner Immunität. Sie werden am Ende des Artikels mit dem Satz: „Sollten die Vorwürfe zutreffen, sagt das viel über die Person“ zitiert.

Dazu meine Fragen:

7a) Das Verfahren gegen Oliver Höfinghoff endete mit einem Freispruch. Wie in dem Verfahren deutlich wurde, hatten Polizei und Staatsanwaltschaft den haltlosen Anschuldigen bekannter Neo-Nazis blind geglaubt. Der Eindruck eines Verfahrens aus rein politischen Gründen zwingt sich geradezu auf. Was sagt das über den Rechtsstaat aus, wenn Polizei und Staatsanwaltschaft faktisch als verlängerter Arm von Neo-Nazis aufgetreten sind?

7b) Haben Sie ihrem Kollegen Höfinghoff zu dem Freispruch gratuliert? Wenn nein, warum nicht?

7c) Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen politischen Prozeß gegen ein Mitglied des Abgeordnetenhauses für Sie?

7d) Wie kann ihrer Meinung nach in Zukunft verhindert werden, dass Mitglieder des Abgeordnetenhauses Opfer eines offensichtlich politisch motivierten Strafverfahrens werden?

 

8. Am 13. Januar 2016 soll es in der Rigaer Straße zu einem Vorfall mit einem Kontaktbereichsbeamten gekommen sein. Über den Hergang gibt es unterschiedliche Darstellungen und an der Version, die von der Polizei verbreitet wurde, sind nach dem Bekanntwerden von Aussagen unbeteiligter Zeugen erhebliche Zweifel aufgekommen. Was folgte war ein Polizeieinsatz mit über 500 Beamten inklusive Sondereinsatzkommando.

Dazu meine Fragen:

8a) Finden Sie einen solchen Einsatz wegen eines angeblichen Angriffs auf einen KOB verhältnismäßig? Wenn ja, warum?

8b) Der Polizeieinsatz fand ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss nach dem ASOG statt. Trotzdem wurden Wohnungen gewaltsam aufgebrochen und BewohnerInnen von Polizeibeamten geschlagen. Einrichtungsgegenstände wurden zerstört und beleidigende Schmierereien hinterlassen. Welche Konsequenzen fordern Sie für Polizeibeamte, die so massiv gegen Grundrechte verstoßen haben?

8c) Sollten Sie keine Konsequenzen fordern, warum sollten keine erfolgen?

8d) Die Polizei hatte einem Anwalt der BewohnerInnen der Rigaer Straße 94 während des Einsatzes den Zutritt zum Haus und den Mandanten verweigert. Welche Konsequenzen fordern Sie für diesen Verstoß gegen geltendes Recht?

8e) Es erfolgte auch eine Beschlagnahme aller im Haus befindlichen Brennstoffe zum Heizen und Kochen. So wurden mindestens 2 Tonnen Holzpellets von der Polizei beschlagnahmt. Wie schätzen Sie ein solches Verhalten der Berliner Polizei mitten in der winterlichen Heizperiode ein?

8f) Haben Sie sich schon für die Rückgabe der Heizmittel, für die rechtswidrig kein Beschlagnahmeprotokoll ausgehändigt wurde, eingesetzt? Wenn nein, warum nicht?

8g) Der Einsatzleiter des SEK hat, als er nach einem Durchsuchungsbeschluss gefragt wurde, da auch gewaltsam in Wohnungen eingedrungen wurde, gesagt: „Durchsuchungsbeschluss is nich.“ Wie schätzen Sie ein solch gesetzwidriges Verhalten und gegen alle Grundstätze des von ihnen so hochgehaltenen Rechtsstaates ein? Welche Konsequenzen haben Sie bisher gefordert und welche werden Sie noch fordern?

8h) Sollte von einem Gericht festgestellt werden, dass der Einsatz in der Rigaer Straße in Teilen oder in Gänze rechtswidrig war, werden Sie dann den Rücktritt des Innensenators fordern? Wenn nein, warum nicht?

8i) Am 4. Januar antworteten Sie auf einen Tweet des „berliner kurier“, dass jene, die den ironischen Aufruf einen Randalemeister des Monats zu küren, verfasst haben, (die Justizvollzugsanstalt) Tegel von innen kennenlernen sollten. Sind Sie der Meinung, dass die politisch und polizeilich Verantwortlichen für den Einsatz in der Rigaer Straße 94, sollte er als rechtswidrig festgestellt werden, ebenfalls die JVA Tegel von innen kennenlernen sollten? Wenn nein, warum nicht?

9. Aus diversen ihrer Äußerungen schließe ich, dass Sie ein Verfechter der Extremismustheorie zu sein scheinen.

Dazu meine Fragen:

9a) Sind Sie ein Verfechter der Extremismustheorie?

9b) Ist ihnen bekannt, dass die Extremismustheorie in der Wissenschaft starkt umstritten ist?

9c) Warum halten Sie sie dennoch für richtig?

9d) Ist für Sie Rechtsradikalismus und Neo-Nazitum gleichwertig mit Linksradikalismus? Wenn ja, warum?

9e) In Anbetracht von +200 Morden durch Neo-Nazis seit 1990, dem NSU und fast täglichen Anschlägen auf Unterkünfte von Refugees: Halten Sie da einen Vergleich dieser Verbrechen mit linksradikalen Strömungen und Aktionen nicht für obszön und das Neo-Nazitum relativierend?

9f) Nach diversen Medienberichten der Boulevardpresse soll es einen „Anschlag“ auf das Büro ihres Abgeordnetenkollegen Kurt „Kutte“ Wansner gegeben haben. Finden Sie die Bezeichnung Anschlag für eine mit einem Stift an die Hauswand geschriebene Parole nicht arg übertrieben? Wenn nein, warum nicht?

 


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„Ich bin kein Rassist, Faschist etc… aber … Osama bin Laden ist schon seit 2001 tot.“ Wie Jana Knebel, Beisitzerin der cdu Moabit, die Welt sieht.

Bei Statments von NachwuchspolitikerInnen der cdu reagiere ich oft kopfschüttelnd. Wie können junge Menschen schon so ideologisch verbohrt und konservativ sein? Die cdu Neukölln bzw. die junge union Neukölln lieferte dafür einige erschreckende Beispiele. Gestern fiel mir Jana Knebel, Beisitzerin der cdu Moabit, unangenehm auf. In Bezug auf die Riots verzweifelter Refugees an der serbisch-ungarischen Grenze, schrieb sie in einer Mischung aus Naivität und unterschwelliger Verhöhnung:

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O Medienkompetenz! My Medienkompetenz!

Es steht außer Zweifel, dass das digitale Zeitalter eine Geschwindigkeit erreicht hat, was die Übermittlung und Verbreitung von Nachrichten betrifft, dass es nur so schwindelt. „Bürger_innenjournalismus“ tritt in Konkurenz zu den „klassischen Medien“ und alle wollen sie das digitale Feld als Erste pflügen und die Früchte dieser Arbeit so schnell wie es geht zu Markte zu tragen, um möglichst viel Fame bzw. Reichweite (Retweets, Favs, neue Follower) abzugreifen. In der Hochzeit der Blogs, als es Twitter noch nicht gab, bzw. dessen Reichweite nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar wurde, verging immer etwas Zeit zwischen dem ersten, gerüchtehaften Auftauchen von schauerlichen oder skandalösen Neuigkeiten und dem empörten Eintippen von Artikeln.

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Viele kleine Dilemmata und das große Elend

In den vergangenen Tagen erreichten Tausende Refugees, die in Ungarn festsaßen, Deutschland und Österreich. Die Situation für die Refugees war und ist in Ungarn dramatisch. In Zeltlagern unter freiem Himmel eingepfercht, von der ungarischen Polizei mit Tränengas bedacht, um oft genug von dieser bestohlen zu werden. Wer will sich dem schon aussetzen? Das gewollte Versagen der europäischen Asylpolitik kann hier nur am Rande behandelt werden und sollte bei Gelegenheit an anderer Stelle näher beleuchtet werden.

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Massiver Polizeieinsatz in der von Refugees besetzen Schule in der Ohlauerstraße

Gestern Abend kam es gegen 20:30 Uhr* vor der von Refugees besetzten Schule in der Ohlauerstraße zu einer Messerstecherei. Dabei wurden zwei Personen verletzt. Eine davon schwer. Sowohl bei den Opfern, als auch bei dem mutmaßlichen Täter soll es sich um PoC gehandelt haben. Ob Beteiligte in der Schule wohnen, ist bisher unbekannt. Laut eines der Opfer soll der Täter angeblich in die besetzte Schule geflüchtet sein. Es folgte der insgesamt 25. Polizeieinsatz in diesem Jahr. Wenn ich richtig mitgezählt habe. Auch dieser Einsatz ist im Kontext der rassistischen und repressiven Handlungsweise der Berliner Polizei zu sehen. Innensenator Henkel gewährt seinen Kettenhunden den größtmöglichen Spielraum, wenn es gegen Refugees und den von ihnen besetzten Orten geht.

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Refugeecamp am Oranienplatz: Das Henkel Ultimatum ins Leere laufen lassen

Innensenator Frank Henkel hat sein Ultimatum präzisiert. Sollte alles seinen formaljuristischen Gang nehmen, dann ist frühestens ab dem 18. Januar mit einer Räumung des Refugeecamp am Oranienplatz durch die Prügelgarde des Innensenators zu rechnen. Als Reaktion darauf gibt es nun zahlreiche Überlegungen wie die Räumung des Camps erschwert, der politische Preis dafür in schwindelerregende Höhen getrieben werden oder sogar eine Räumung verhindert werden könnte. Jedoch gibt es immer noch eine Möglichkeit abseits von brennenden Barrikaden und blutigen Straßenschlachten eine Räumung abzuwenden, das Refugeecamp zu legalisieren und den Verteidiger aller Grünflächen mitsamt seinen Gewalt- und Abräumphantasien ins Leere laufen zu lassen.

Die formaljuristische Grundlage für das Handeln des Innensenators ist das Grünflächengesetz, gegen das das Refugeecamp verstößt. Das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain hat zudem die seit Oktober 2012 bestehende Duldung aufgehoben und macht es so Frank Henkel noch einfacher eine Räumung in die Wege zu leiten. Der Senat von Berlin kann eine Angelegenheit für die ein Bezirk zuständig ist, an sich ziehen, wenn dieser seinen Pflichten nicht nachkommt. Nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) kann der Senat mittels Bezirksaufsicht eingreifen. Dazu muss eine Mehrheit der Senatoren zustimmen. Derzeit sind jeweils vier Senatoren von der CDU und vier von der SPD im Senat. Plus der Regierende Bürgermeister Wowereit. Die SPD hat bereits signalisiert, dass sie einer Räumung des Refugeecamps zustimmen wird. So weit, so schlecht.

Das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain besitzt jedoch die Möglichkeit das Refugeecamp vor einer Räumung zu bewahren. Das Zauberwort heißt Sondernutzungsgenehmigung. Eine solche hat das Infozelt der Refugees am Oranienplatz bereits erhalten. Für eine solche Genehmigung müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Es muss ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit verliegen und die Folgenbeseitigung muss gesichert sein. Der Oranienplatz ist im Moment der politischste Ort Deutschlands und nicht einmal fanatische Feinde der Refugeecamps am Oranienplatz aus den Reihen der CDU werden bestreiten können oder wollen, dass die berechtigten Forderungen der Refugees und ihre verzweifelte Situation ein sehr hohes Interesse der Öffentlichkeit besitzen. Sonst würden diese Leute nicht in dem Maße hetzen, wie sie es seit über einem Jahr betreiben. Eine Folgenbeseitigung des Refugeecamps, also der vollständige Abbau aller Zelte und das Pflanzen von einigen Quadratmetern Rasen sollte kein Problem und steht sowieso erst zur Debatte, wenn alle Forderungen der Refugees erfüllt sind. Zusätzlich ist es wohl so, dass im Rahmen einer Sondernutzungsgenehmigung, seitens des Bezirksamtes Kreuzberg-Friedrichshain ein Nutzungsentgelt von 12,50 pro qm zu zahlen wäre. Jedoch findet sich für dieses Problem sicherlich eine bewährte Lösung nach Kreuzberger Art. Nun sollte mensch meinen, dass einer Sondernutzungsgenehmigung nichts mehr im Wege stehen sollte, aber das Bezirksamt hat eine, sagen wir mal, zwiespältige Position zu dem Thema.

Auf der einen Seite würden alle im Rathaus Kreuzberg drei Kreuze machen, wenn das Problem Oranienplatz sich auflösen würde. Von Seiten des Senats wird ein enormer Druck auf das Bezirksamt ausgübt, neben dem Druck, der von diversen Zeitungen und der CDU erzeugt wird. Das Bezirksamt betont, dass sie nicht wollen, dass der Oranienplatz als Schlagplatz genutzt wird, weigern sich aber das Camp selbst räumen zu lassen. Aber eines geht nur: Entweder ist das Bezirksamt gegen eine Nutzung als Schlafplatz, dann müsste es so konsequent sein und selbst die Prügelgarde von der Kette lassen und dafür selbstverständlich die Verantwortung tragen oder sie sind grundsätzlich gegen eine Räumung und müssten dann eine Sondernutzungsgenehmigung erteilen, um eben jene Räumung zu verhinden, gegen die es sich so eindeutig äußert.

Hier versucht das Bezirksamt unter der Führung der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sich einen schlanken Fuß zu machen, denn selbstverständlich ist es dem Bezirksamt unmöglich die Polizei mit der Räumung zu beauftragen. Die Grünen im Bezirk und ihre Vertreter_innen hätten für alle Zeiten jeglichen Kredit verspielt und wären politisch erledigt. So wird sich nach außen solidarisch gegeben und eine Räumung verweigert. In der Gewissheit, dass der Senat die Angelegenheit an sich ziehen wird und die Räumung mit all ihren Folgen somit in dessen Verantwortungsbereich fällt.

Der Bezirk kann sich hinstellen und sagen: „Wir haben die Räumung nicht gewollt und konnten sie leider nicht verhindern.“ Sie wollten die Räumung nicht verhindern. Das wäre korrekt. Eine Sondernutzungsgenehmigung würde wohl auch den diversen Absprachen von Senat und Bezirk widersprechen, die hinter den Kulissen getätigt wurden. Es besteht meiner Meinung nach kein großer Unterschied, ob der Bezirk selbst die Prügelgarde ins Feld schickt oder er eine Räumung durch Nichthandeln in Bezug auf die Erteilung einer Sondernutzungsgenehmigung ermöglicht. Das vermeintliche Kompetenzgerangel zwischen Bezirk und Senat gleicht eher einem fingierten Possenspiel als einem heldenhaften Abwehrkampf zwischen dem bezirklichen David und dem Senats-Goliath, denn David hat versprochen seine Schleuder nicht zu benutzen und so den Weg für eine Räumung freizumachen.

Noch ist Zeit zu handeln. Vom Senat ist nichts zu erwarten. Dort stehen die Zeichen auf Eskalation und eine gewaltsame Lösung. Noch kann sich niemand den Umfang der Konsequenzen einer gewaltsamen Räumung ausmalen, aber sie werden enorme Erschütterungen erzeugen, die weit über Berlin hinaus zu spüren sein werden. Der Ball liegt jetzt in der Hälfte des Bezirksamtes und dieses entscheidet, ob sie einen Konter einleitet, der zum Siegtor führt oder durch Passivität dem Team Green und seinem grotesken Spielführer Henkel den Sieg schenkt. Der Bezirk hatte sein Wort gegeben: Das Camp auf dem Oranienplatz bleibt solange, wie Refugees es wollen und es gibt Refugees, die genau das wollen. Wir sehen, ob dieses Wort gehalten oder gebrochen wird.


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Der Sturm von Autonomen, Chaoten und „Flüchtlingen“ auf das Rathaus Kreuzberg, der keiner war

Am Mittwoch, dem 27.10. zog eine Demonstrantion von Refugees und Supportern vom Oranienplatz zum Rathaus Kreuzberg in der Yorckstraße. Am Sonntag davor war ein Räumungsversuch des Refugeecamps gescheitert. Einerseits, weil sich binnen einer Stunde rund 700 Menschen am Oranienplatz versammelten, um dies zu verhindern, andererseits, weil das Bezirksamt feststellen musste, dass die Schlafzelte noch besetzt waren. (Zu diesen Ereignissen folgt später ein Artikel.)

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